AB - Die Andere Bibliothek 2011


Salka Viertel: Das unbelehrbare Herz
Hans Christoph Buch: Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern
Joyce Carol Oates: Die Lästigen
Marc Schweska: Zur letzten Instanz
Paul Valéry: Ich grase meine Gehirnwiese ab (Hrsg. Th. Stölzel)
Marcello Fois: Die schöne Mercede und der Meisterschmied
Michael Thumann: Der Islam-Irrtum
Ilja Ilf, Jewgeni Petrow: Das eingeschossige Amerika
Norbert Leithold: Friedrich II. von Preußen
Heiner Boehncke, Hans Sarkowicz: Grimmelshausen
Deborah Dixon: Der Mona Lisa Schwindel


Salka Viertel: Das unbelehrbare Herz

Erinnerungen an ein Leben mit Künstlern des 20. Jahrhunderts
Mit einem Nachwort von Michael Lentz

Eichborn 2011, AB 313, 508 S.

Einer der Quelltexte der Exilforschung des 20. Jahrhunderts

»Salkaherz« - ein Genie der Freundschaft im kalifornischen Exil

Wie aus einem Künstlerlexikon zur ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts lesen sich die Namen der Freunde, die Salomea Steuermann, von allen nur Salka Viertel genannt, um sich zu versammeln wußte: Karl Kraus und Alfred Polgar, Max Reinhardt, Thomas und Heinrich Mann, Albert Einstein und Arnold Schönberg, Sergej Eisenstein und Greta Garbo, deren Drehbuchautorin sie war, Bertolt Brecht und Bruno Frank, Hanns Eisler - und viele andere Künstler, mit und ohne Namen.

Diese faszinierende und früh emanzipierte Salka Viertel war kein Hollywood- Filmstar und keine mondäne Gesellschaftsdame, sondern eine begnadete Gastgeberin, die ihr Haus an der Mabery Road in Santa Monica zum vielgerühmten Salon machte - schließlich zum »Hafen für die Heimatlosen«, die europäischen Emigranten nach 1933.

Salka Viertels Lebenserinnerungen, Ende der 60er Jahre in den Vereinigten Staaten erschienen, sind die Memoiren einer fast Vergessenen, die einen unvergleichlichen Blick auf dramatische Jahrzehnte europäischer Kulturgeschichte ermöglichen - vor allem auf die Welt des Theaters und des Films bis 1933 und die Exilierung dieser Kultur in Kalifornien.

Salka Viertel wurde 1889 als Salomea Steuermann geboren und entstammte einer großbürgerlichen jüdischen Familie im damals österreichischen Galizien. Sie spielte in Berlin Theater unter Max Reinhardt, und in Wien lernte sie ihren Mann, den Regisseur Berthold Viertel, kennen, den ein Hollywood-Engagement nach Kalifornien führte; ein Intermezzo wurde zum Exil. Dort zieht sie drei Söhne groß, organisierte Hilfe für die von den Nazis Verfolgten - und kehrte in der McCarthy-Ära nach Europa zurück. 1978 starb Salka Viertel in der Schweiz.



Hans Christoph Buch: Apokalypse Afrika

oder Schiffbruch mit Zuschauern

Eichborn 2011, AB 314, 252 S.

Ein »Antagonist der bundesrepublikanischen Harmlosigkeit« (FAZ)

Bedrohlichkeiten, Gewalt und Tod - unter den deutschen Romanciers, Erzählern und Essayisten seiner Generation ist keiner den Bürgerkriegs- und Katastrophenorten dieser Welt so nahe gekommen wie Hans Christoph Buch.

Neben der Karibik sind es immer wieder der Kontinent Afrika, das Fortwirken kolonialer Vergangenheiten und die ethnischen Säuberungen und Massaker, die die erzählerisch-politischen Berichte von Hans Christoph Buch motivieren. Von den Albträumen legen seine Reportagen Zeugnis ab, ohne auf die bundesrepublikanischen Befindlichkeiten schönrednerische Rücksicht zu nehmen.

»Sansibar Blues oder Wie ich Livingstone fand«, sein zuletzt in der Anderen Bibliothek erschienener Roman, bediente sich kongenial der Quellen von Afrikaforschungs­berichten, denen Hans Christoph Buch nachreiste - und auch »Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern« vereint originelle Afrika­historie mit bedrückenden Reiseerfahrungen zu Romanessays mit der Hans Christoph Buch eigenen Beschreibungskraft: über eine Afrikareise als »Sondergast« des Bundespräsidenten, als Reporter im liberianischen Monrovia oder in einem ruandischen Flüchtlingslager; in historischen Passagen über Géricaults romantisches »Floß der Medusa«, die erstmalige Dokumentation der Berliner Kongo-Konferenz von 1884/85 oder Besuchen bei der »Hottentotten-Venus«.

»Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern« ist ein Abgesang auf erlebte Realität, eine Art Totentanz - und dabei blitzen Momente der Hoffnung auf, im Überlebenswillen der Menschen, besonders der Frauen.

Hans Christoph Buch wurde 1944 in Wetzlar geboren. Er ist Erzähler, Essayist und Reporter und begleitet die Andere Bibliothek als Autor seit vielen Jahren: Blut im Schuh (2001), Tanzende Schatten oder der Zombie bin ich (2004) und zuletzt Sansibar Blues (2008).
Der Autor lebt, wenn er nicht gerade unterwegs ist, in Berlin.



Joyce Carol Oates: Die Lästigen


Eine amerikanische Chronik in Erzählungen

ausgewählt und mit einem Nachwort von Gabriela Jaskulla,
übersetzt von Susanne Röckel

Eichborn 2011, AB 315, 378 S.

Von diesen wirklichkeitssatten und sinnlichen Storys geht ein Sog aus, dem wir uns nicht entziehen wollen. Im Blitzlicht der Prosa von Joyce Carol Oates, in ihren Kurzgeschichten, die zu Kürzestromanen werden, sind krude Wirklichkeiten, verborgene Ränder und Abgründe des amerikanischen Kontinents schonungslos sichtbar.

Es macht atemlos, wie Joyce Carol Oates in ihren radikal subjektiven Geschichten in die Haut von Männern und Frauen mit ihren Demütigungen schlüpft, wie sie beschäditen Kinderseelen und aufsässigen Teenagern oder pädophilen Vätern zu Sprache verhilft. Joyce Carol Oates' Helden stammen aus der vom Abstieg bedrohten amerikanischen Mittelschicht – es sind verunsicherte Existenzen.

In all diesen in Die Lästigen versammelten und von Susanne Röckel kongenial erstmals ins Deutsche übertragenen Geschichten entfaltet sich die innere Wahrheit der Joyce Carol Oates, die »eine« Geschichte, die sie obsessiv variiert – ihre amerikanische Chronik. Sie handelt von der Verletzlichkeit des Individuums und damit von uns. Sie erzählt von der Nachtseite Amerikas, von der Enge in seiner Größe und von – Gewalt.

Joyce Carol Oates wurde 1938 im Bundesstaat New York geboren und lebt heute in Princeton, wo sie als Professorin Kreatives Schreiben lehrt. Mehrfach mit dem Pulitzer-Preis, 2009 mit dem Man Booker International ausgezeichnet, ist Joyce Carol Oates eine der bekanntesten amerikanischen Gegenwartsautorinnen.



Marc Schweska: Zur letzten Instanz

Eichborn 2011, AB 316, 354 S.

»Zur letzten Instanz«: Eine Ostberliner Geschichte von beflügelnden Verheißungen und schwärmerischen Versprechungen, von hochfliegenden und betonierten Träumen unterm Fernsehturm am Alexanderplatz.

»Zur letzten Instanz« erzählt von der Entwicklung von Computen im Kalten Krieg zwischen Ost und West, von der einstigen Technischen Intelligenz, die erst für Hitler Wunderwaffen entwickeln wollte und dann in den Diensten der USA stand oder Visionen für den Sozialismus entwarf. So ist noch nie über die Geschichte der DDR erzählt worden. Pircks senior und Pircks junior stehen in »Zur letzten Instanz« für die Generationen: Der Jüngere lernt das kybernetische Utopolis der Aufbaugeneration nur noch als Computer­programm der Stasi kennen, als Kultur der Kontrolle. Dieser Lemania Pircks, genannt Lem, wird zu einem avantgardistischen Ostwilden von ganz eigener Lässigkeit zwischen Klubs und Kunst, Musik und Theater, den Frauen – und dem Computer.

Gelehrt und gewitzt, komisch und ironisch, eine unerhörte Ostberliner Geschichte von Informatikfreaks – von: DDR-Nerds.

Marc Schweska wurde 1967 in Berlin-Mitte geboren und zum Elektroniker ausgebildet. Er studierte Romanistik und Philosophie sowie Kulturwissenschaft. Neben essayistischen, kunstkritischen und wissenschaftlichen Artikeln ist »Zur letzten Instanz« der erste Roman von Marc Schweska. Mit dem »Kompendium der Geheimhaltung und Täuschung, der Lüge und des Betrugs, des Verrats und der Verstellungskunst« erschien 2014 als Band 354 ein weiteres Buch von Marc Schweska.
Er erhielt das Stipendium des Berliner Senats für Schriftsteller und das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste zu Berlin.



Paul Valéry: Ich grase meine Gehirnwiese ab

Paul Valéry und seine verborgenen Cahiers
Ausgewählt und mit einem Essay von Thomas Stölzel

Eichborn 2011, AB 317, 347 S.

»Was kann ich über mich herausfinden, um mein Leben bewußter führen zu können?«

Erst nach dem Tod von Paul Valéry im Jahr 1945 wurden die 263 Schulhefte, seine »Denkhefte« – die berühmten Cahiers –, herausgegeben. Er füllte sie über ein halbes Jahrhundert nahezu täglich mit Notizen, die später in 31 Rubriken (wie etwa: Ego, Sprache, Gedächtnis, Zeit, Eros) unterteilt wurden. Ein Protokoll der Reflexionstätigkeit seines Geistes, Paul Valérys Denklaboratorium.

Von den Empfindungen, Wahrnehmungen, Wünschen und Träumen über die Bildung des Willens und die Handlungsvorbereitung bis zum sprachlichen Ausdruck ergründete Paul Valéry minutiös alltägliche Bewußt­seins­prozesse: die Protokolle der inneren Bildungs­geschichte des modernen Menschen.
»Was kann ein Mensch?«

Als vor beinahe zwanzig Jahren die Cahiers erstmals ins Deutsche übertragen vorlagen, wurden sie als »Schlüssel zum Verständnis der literarischen und intellektuellen Abenteuer unserer Epoche« (Die Zeit) gerühmt. Inzwischen ist die Wieder­entdeckung in Vergessenheit geraten. Dabei findet sich in diesem Werk eines anregenden europäischen Selbstdenkers eine Fülle von Ideen und kritischen Vorwegnahmen vieler als ganz modern geltender Erkenntnisformen – der Kybernetik, Semiotik, Wahrnehmungs­psychologie bis hin zu den sogenannten Kognitions- und Neuro­wissenschaften sowie der Hirnforschung.

Thomas Stölzel zeichnet in seiner Einführung die intellektuelle Biographie dieser öffentlich ungemein einflußreichen literarisch-philosophischen Person nach, gibt eine Vorstellung von den geistigen Konturen dieses Hommes de Cahiers, beleuchtet die Hintergründe des »verborgenen« Hauptwerks von Paul Valéry und setzt es in Bezug zu verwandten intellektuellen Anstrengungen.

Die Cahiers von Paul Valéry: ein Paradebeispiel lebensphilosophischer Selbsttherapie.

Paul Valéry, geboren 1871 im südfranzösischen Sète und in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts der bedeutendste französische Lyriker, war bei seinem Tod im Jahr 1945 in Paris einer der großen europäischen Autoren und der kulturelle Repräsentant Frankreichs. Er hinterließ ein enormes, die literarischen Gattungen übergreifendes Werk, wobei die Existenz seines eigentlichen Hauptwerks, der Cahiers, zu diesem Zeitpunkt noch kaum bekannt war.

Thomas Stölzel, geboren 1964, Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte, Promotion, therapeutsche Ausbildungen. Veröffentlichungen zu Cioran, Lichtenberg und u.a. mit Simone Stölzel zu W. Somerset Maugham. Thomas Stölzel ist verheiratet, hat 4 Kinder und ist als Philosophischer Praktiker, systemischer Berater und Publizist tätig. Er lebt in Berlin.



Marcello Fois: Die schöne Mercede und der Meisterschmied

Ein sardischer Roman

Eichborn 2011, AB 318, 312 S.
Aus dem Italienischen von Monika Lustig

Sardinien 1889: Als Michele Angelo und Mercede - er Schmied und sie Frau - sich begegnen, wird ihr erster Blick zu einem stummen Versprechen, das in die Ehe führt und ein Leben lang andauert. Michele Angelo und Mercede wollen Spuren hinterlassen; ihr Leben auf dieser archaischen Insel soll nicht vergeblich bleiben. Und so wirkt das neue Geschlecht der Chironi wie von paradiesischem Glück verwöhnt; nach den Zwillingen Pietro und Paolo kommen in den folgenden Jahren Gavino, Luigi Ippolito und Marianna zur Welt.

Die Errungenschaften der Moderne erreichen die verschlummerte Kleinstadt Nuoro, der Schmied Michele Angelo bringt es zu neidvoll bewundertem Wohlstand. Doch wie schicksalhaft folgt dem Glück infernalischer Schrecken - eine sardische Tragödie.

Mit meisterhafter poetischer Kraft kondensiert Marcello Fois die Geschichte Sardiniens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Verwurzelt in einer Epik des kargen und alltäglichen Lebens, wird aus dieser wie fluchhaften Geschichte der Familie von Michele Angelo und Mercede, ihrer Liebe, Hingabe und Trauer ein sprachliches Ereignis.

Marcello Fois wurde 1960 in Núoro auf Sardinien geboren und lebt heute in Bologna. Auch sein Roman Zwischen den Zeiten (AB 353) erschien 2014 in der Anderen Bibliothek.
In Italien wurde er als Erfinder des Avvocato Bustianu, eines Anwalts und Dichters, bekannt. Mehrere seiner Krimis wurden auch ins Deutsche übersetzt. Seine poetische Sprachwucht macht Marcello Fois zum eigensinnigsten Romancier der Geschichte Sardiniens.



Michael Thumann: Der Islam-Irrtum

Europas Angst vor der muslimischen Welt

Eichborn 2011, AB 319, 330 S.

Eine neue Epoche in der arabischen Welt - ein »anderer« Blick auf die muslimische Welt

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hat der Westen den Islam dämonisiert. Es war ein verhängnisvoller ideologischer Irrtum, hinter allen Problemen des Nahen und Mittleren Ostens die Religion des Korans als treibende Kraft zu vermuten. Die Schlagwörter von Terrorismus und Gewalt haben eine vielfältige und widersprüchliche Wirklichkeit verdeckt – das ist unser Islam-Irrtum.

Nach dem Tod des Al-Qaida-Führers Osama Bin Laden und zehn Jahre nach dem 11. September bieten die sozialen und nationalen Revolutionen, die Aufstände und Aufbrüche in der muslimischen Welt »dem Westen eine historische Gelegenheit, den Islam-Irrtum zu überwinden«.

Der ZEIT-Korrespondent Michael Thumann bereist den Nahen und Mittleren Osten schon seit Jahren intensiv – er berichtet aus den Rückzugsquartieren der Islamisten in Ägypten, aus den verschwiegenen Wohnpalästen von Saudi-Arabien, aus den Bergen des vom Krieg zerissenen Kurdistan. Er sprach mit gewendeten radikalen Muslimen oder war dabei, als Taliban- und Hisbollah-Kämpfer mit CIA-Agenten über die Welt und sich selbst diskutierten. Jenseits von Rückständigkeit und Religiosität wachsen am Golf neue globale Machtzentren heran, steigt die Türkei zu einer neuen Regionalmacht auf, sucht Iran seinen Ort.

Materialreich, glänzend informiert und mit scharfem analytischen Blick deutet Michael Thumann Leben und Politik im Nahen und Mittleren Osten – am Revolutionsplatz in Kairo oder in Bahrain: Es ist wirklich an der Zeit, den Islam-Irrtum zu überwinden.

Michael Thumann, geboren 1962, lebt seit 2007 in Istanbul und leitet dort die Zeit-Redaktion für den Mittleren Osten. Er schreibt über die arabische Welt, die Türkei und Zentralasien. Zuvor koordinierte er die außenpolitische Berichterstattung der Zeit, bis 2001 war er Korrespondent für die Zeit in Moskau.



Ilja Ilf, Jewgeni Petrow: Das eingeschossige Amerika

Eine Reise mit Fotos

Mit einem Vorwort von Felicitas Hoppe

Eichborn 2011, AB 320/321, 694 S.
Aus dem Russischen von Helmut Ettinger

»Wäre Amerika sowjetisch, dann wäre es das Paradies.«

Ilja Ilf und Jewgeni Petrow, als »Ilf und Petrow« berühmt geworden und mit ihren satirischen Romanen literarische Stars der frühen Jahre der Sowjetunion, durchquerten drei Monate lang Amerika: von Oktober 1935 bis Januar 1936, von Ost nach West und wieder zurück. Ihr mausgraues Ford-Automobil brachte sie 16000 km durch mehrere hundert Städte.

Sie »erlebten die Indianer, sprachen mit jungen Arbeitslosen, alten Kapitalisten, radikalen Intellektuellen und revolutionären Arbeitern, mit Dichtern, Schriftstellern und Ingenieuren«, sie besuchten kulturelle, soziale, industrielle Institutionen – und fotografierten mit ihrer Leica-Kamera auf der Höhe der Fotokunst ihrer Zeit. Ilf und Petrow wollten »das andere Amerika«, das ländliche und kleinstädtische jenseits von Wolkenkratzern, dokumentieren.


Ihr Amerika war ein alltägliches: das eingeschossige Amerika, von Ilf und Petrow präzis beobachtet, beschrieben und im Stil einer klassischen Fotoreportage bebildert – mit Neugier, Scharfsicht und Ironie.

Dieser ersten Übersetzung ins Deutsche, versehen mit einer Vorbemerkung von Alexandra Ilf und einem Vorwort von Felicitas Hoppe, sind größtenteil unveröffentlichte Briefe der Verfasser aus Amerika an ihre Familien beigefügt, dazu erste Reaktionen sowjetischer Leser aus dem Jahre 1937 – deren Sicht uns heute verblüfft.

Ilja Ilf (1897-1937) und Jewgeni Petrow (1903-1942) arbeiteten in den zwanziger Jahren zusammen mit Michail Bulgakow und Juri Olescha für satirische Zeitungen.

Mit den beiden Romanen Zwölf Stühle (1928) und Das Goldene Kalb (1931), das 2013 als 340. Band der Anderen Bibliothek erschienen ist, wurden sie zu den meistgelesenen Autoren ihrer Zeit. Kolakolamsk und andere unglaubliche Geschichten ist 2015 als Band 371 erschienen…



Norbert Leithold: Friedrich II. von Preußen

Ein kulturgeschichtliches Panorama von A bis Z

Eichborn 2011, AB 322, 428 S.

»Der Preußenkönig hält alles und jeden in Bewegung; ich glaube, das wird bis in alle Ewigkeit so bleiben« Voltaire über Friedrich II.

Friedrich II. von Preußen ist als Monarch umstritten - und wird es bleiben, das wird sich auch zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs am 24. Januar 2012 nicht ändern.

Während seiner 46-jährigen Regierungszeit zu einer berühmten Größe von europäischem Rang und im 19. Jahrhundert zur National-Ikone geworden, kippte das deutsche Monument nach zwei Weltkriegen vom Sockel der Verklärung – Friedrich II. wurde zur Persona non grata.

Seit 1989 ist es möglich, russische und polnische Archive einzusehen, in denen Bestände des einstigen Preußischen Staatsarchivs liegen, darunter Familiennachlässe pommerscher, schlesischer und ostpreußischer Landadliger. Dem Historiker Norbert Leithold boten sich neue Grundlagen zu aufklärerischer Erforschung des Lebens von Friedrich II. – als Monarch wie als Mensch im Rahmen von Kultur- und Sozialgeschichte –, durch die das 18. Jahrhundert und die Rolle des höfischen Systems lebendig werden.

Norbert Leithold wertet die bisher vernachlässigte politische Korrespondenz Friedrichs II. aus und nimmt den immer noch unerschlossenen Briefwechsel der Brüder Friedrichs und den Nachlass des preußischen Diplomaten Johann Eustach von Goertz in den Blick, wozu die bisher noch unveröffentlichten Briefwechsel des Grafen mit seiner Frau gehören.

Norbert Leitholds friederizianisch-preußisch-europäisches Panoptikum verblüfft von A bis Z - in seiner Farbigkeit und mit all den Themen, die Friedrich sein Leben lang selbst beschäftigten: von »Abenteurer«, »Aborte« oder »Armee« bis »Zeitungen«.

Norbert Leipold, geboren 1957 in Schwerin, arbeitete nach seiner Ausbildung zum Restaurator als Historiker. Seit 2000 erforscht er Quellen zum fridericianischen Hof und zum Weimarer Hof der Vor-Goethezeit.



Heiner Boehncke, Hans Sarkowicz: Grimmelshausen
Leben und Schreiben. Vom Musketier zum Weltautor

Die große Grimmelshausen-Biographie

Eichborn 2011, AB 323, 495 S.

Nach der Wiederentdeckung der simplicianischen Werke: die einzigartige Lebensgeschichte des Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen.

Nicht einmal das Datum seiner Geburt in Gelnhausen kennen wir exakt (1621 oder 1622), und die ersten Lebensjahrzehnte liegen genauso wie die Ursprünge seines literarischen Schaffens im Dunkeln: Wer war dieser Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, ein Bäckersohn, der in den Dreißigjährigen Krieg geworfen und vom Musketier zum Weltautor, zum Verfasser des wohl bedeutendsten Romans in deutscher Sprache wurde?

Seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich niemand mehr an eine größere Biografie dieses so modernen Barockschriftstellers gewagt.

Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz sind literarische Spurensucher und leidenschaftliche Grimmelshausen-Detektive, deren immenser Kenntnis aufsehenerregende Funde von Urkunden und Chroniken, Geschichtswerken und Briefen zu verdanken sind: Wir können einen überraschend neuen Blick auf den Autor der »simplicianischen Schriften« werfen.

Faktenreich, lebendig geschrieben und so profund wie noch nie erhellen Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz die geheimnisvolle Lebensgeschichte dieses Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen und verfassen zugleich die Einführung in ein Literaturwunder des 17. Jahrhunderts.

Die Grimmelshausen-Biographie, passend zu den Grimmelshausen-Bänden 296/297, 310 und 328, dem neu erschienenen simplicianischen Zyklus in der Anderen Bibliothek.



Deborah Dixon: Der Mona Lisa Schwindel

Aus dem Nachlass editiert, aus dem Amerikanischen übersetzt und samt einem Nachwort von Werner Fuld

Eichborn 2011, AB 324, 318 S.

»Ein geistreiches literarisches Pasticcio um Fälschung und Mystifikationen«

Der atemberaubend skandalöse Coup fand statt vor einem Jahrhundert: Im August 1911 wurde das wohl berühmteste Gemälde der Welt, die »Mona Lisa«, aus dem Pariser Louvre gestohlen – herausgetragen.
Ist das Orginal nach diesem beispiellosen Kunstraub eigentlich je wieder an seinen Platz zurückgekehrt?

Dank des Nachlasses der amerikanischen Kunsthistorikerin Deborah Dixon wissen wir heute mehr: Die Tagebücher des Pariser Kunsthändlers Eduardo de Valfierno und seiner Witwe bringen Licht in die damaligen rätselhaften Vorgänge, als sogar der junge spanische Maler Picasso und der Dichter Apollinaire in Verdacht gerieten. Alles beginnt mit einem Meisterfälscher aus Marseille und dessen vier Kopien der »Mona Lisa« – während das Orginal auf eine lange Reise geht, die bis nach Kuba und New York führt und die bei einem glamourösen Fest im Hollywood der Emigrantenkreise zur Zeit des Zweiten Weltkrieges dramatisch endet.

In Deborah Dixons Der Mona Lisa Schwindel verdichtet sich dieses Geschehen um Kunst und Fälschung zu einem faszinierenden Panorama der Kunst- und Zeitgeschichte zwischen den beiden Weltkriegen.

Deborah Dixon wurde 1909 in New York in vermögende Verhältnisse geboren, studierte Kunstgeschichte und arbeitete anschließend im Metropolitan Museum of Art. Sie starb im Alter von 85 Jahren. Die Veröffentlichung ihres Buches hat sie nicht mehr erlebt.


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© Ralf 2011