AB - Die Andere Bibliothek 2015


Johann Wolfgang von Goethe: Lotte meine Lotte
Heinrich und Christine Gondela: Auf der Reise ins Paradies
Michael Glawogger: 69 Hotelzimmer
Peter James Bowman: Ein Glücksritter
Paul Theroux: Basar auf Schienen. Eine Reise um die halbe Welt
Jochen Hörisch: Weibes Wonne und Wert: Richard Wagners Theorie-Theater
Michail Ossorgin: Eine Straße in Moskau
Rebecca Messbarger: Signora Anna, Anatomin der Aufklärung
Selma Lagerlöf: Die Saga von Gösta Berling
Ilija Trojanow: Durch Welt und Wiese
Ilja Ilf; Jewgeni Petrow: Kolokolamsk
Lafcadio Hearn: Japans Geister



Johann Wolfgang von Goethe: Lotte meine Lotte

Die Briefe von Goethe an Charlotte von Stein 1776-1786

Mit einer Kommentierung und einem Nachwort von Jan Volker Röhnert

AB – Die Andere Bibliothek 2014, AB 360/361, 731 S. (2 Bd.)

Ein literarisches Hohelied der Liebe und doch kaum gelesen: Goethes Briefe an Charlotte von Stein zwischen 1776 und 1786.

Am Anfang steht eine Silhouette, ein Schattenriss, den Goethe von der Baronesse, Hofdame und Freundin der Herzogin Anna Amalia sah. Am 11. November 1775, soeben am Weimarer Musenhof eingetroffen, trifft der 26-jährige berühmte Autor des Werther auf die sieben Jahre ältere Charlotte von Stein – verheiratet mit dem herzoglichen Stallmeister.

Die Sprache der Liebe in unendlichen Variationen wird neu erfunden, auf über 1700 »Zettelgen«. Billette, Botschaften, Beteuerungen lesen wir, die von einer für Goethe wohl unvergleichlichen Liebe erzählen, die zugleich doch nichts ist ohne Sprache, seine Sprache – »immer frisch auf Traumglück auszugehen«.

Charlotte von Stein forderte alle ihre Briefe später zurück und verbrannte sie - zum ewigen Leid aller Biografen. Nur Goethes Korrespondenz ist überliefert. Aus ihr entwickelt sich, immer auch als Gesprächsfortsetzung gegenüber einer eher zurückhaltenden Charlotte von Stein und bei allen spannungsvollen Verstimmungen und Enttäuschungen, ein ganz eigener leidenschaftlicher Liebesroman; er begleitet Goethes Arbeit an Egmont, an Iphigenie und an Tasso.

Goethes zärtlich verliebte Mitteilungen, unmittel­barste Spiegelungen seiner Weimarer Dekade zwischen Literatur, Diplomatie und den naturwissenschaftlichen Interessen, erleichtern ihm ein Weiterleben jenseits des höfischen Pflichtprogramms in der immer enger werdenden thüringischen Provinz. Charlotte ermöglicht ihm die Literatur.

Mit Goethes Liebesverrat, seinem geheimen Aufbruch zunächst nach Karlsbad, dann nach Rom, seiner für Charlotte katastrophalen Flucht vor den Weimarer Amtspflichten, wird der Briefwechsel endgültig zum Tagebuch-Monolog der Italienreise, auf der Goethe seine ideale Geliebte, seine Liebesprojektion, seine liebe Lotte, seine Charlotte, seinen Werther in Weimar beendet.

»Wer lernt aus in der Liebe. Adieu ...«

Buchgestalter: Jonas Vogler



Heinrich und Charlotte Gondela:

Auf der Reise ins Paradies. Das Reisetagebuch von Heinrich und Christine Gondela aus dem Jahr 1802

Editiert, kommentiert, mit einem Nachwort und einem Register versehen von Michael Rüppel

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 362, 453 S.

»Endlich ist unser Wunsch erfüllt. Wir sind wirklich auf der Reise, und gehen mit starken Schritten dem Paradiese von Deutschland, den Ufern der Sächsischen Elbe und dem Rheine entgegen«.

Der Bremer Senator Heinrich Gondela und seine Frau Christine gingen im Hochsommer 1802 auf die ersehnte Ferienfahrt im »Stuhlwagen« – mehr Karren als Kutsche, begleitet von ihrem Bediensteten.

Das von Christine Gondela handschriftlich verfasste Tagebuch dieser exakt geplanten zweimonatigen Reise wurde vor nicht langer Zeit wieder­entdeckt. Erstmals veröffentlicht, gibt es einen einzigartigen intimen Einblick in das Denken und Fühlen des wohlhabenden Bürgertums der Zeit.

Mit teilweise kolorierten Stichen versehen (und nun auch reich farbig illustriert), werden die täglichen Erlebnisse notiert: Neben dem Wetter und dem oft abenteuerlichen Zustand der Wege stehen die Natur, Bauwerke und die Museen im Vordergrund, werden Stimmungen und politische Ansichten in diesem unruhigen Jahr 1802 notiert.

Die Reise der Gondelas führte über Braun­schweig und Halle nach Leipzig und Dresden, den beiden vieltägigen kulturellen Höhepunkten der Fahrt, anschließend ins böhmische Teplitz und nach Karlsbad, von dort über Bayreuth, Bamberg und Würzburg nach Heidelberg. Bei Mannheim wird der Rhein überquert, durch die französisch besetzten Gebiete geht die Reise in den zwischen Neustadt und Bad Dürkheim gelegenen Ort Königsbach mit dem eigenen Weingut. Der Rückweg nach Bremen führt über Heidelberg, Frankfurt, Kassel und Hannover.

Buchgestalter: Roland Stieger



Michael Glawogger: 69 Hotelzimmer

Mit einem Nachwort von Eva Menasse

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 363, 403 S.

»69 Hotelzimmer« ist ein Vermächtnis, das posthume literarische Debüt eines der renommiertesten Dokumentarfilmer der Gegenwart - Michael Glawogger starb während der Dreharbeiten zu seinem nun letzten Film 2014 in Liberia.

Ein Roman für alle:

• die schon einmal in einem Hotelzimmer übernachtet haben,
• die noch zehn Minuten haben, bis das Boarding ihres Anschlussfluges beginnt,
• die unter den 496 Sendern ihres Fernsehers keinen finden, den sie sehen wollen,
• die gerne Fortsetzungsromane in Tageszeitungen und/oder ihre Lieblingsbücher immer wieder lesen,
• Zimmermädchen, die alles über Menschen in Hotels wissen,
• Taxifahrer, die Reisende des Alltags sind und viele Pausen haben, von denen sie nie wissen, wie lange sie dauern werden.

Michael Glawoggers Roman handelt von einem »er«, der gerne reist und dabei um die ganze Welt kommt. Es sind beobachtungsscharf erzählte Episoden aus dem Leben eines neugierigen Mannes, der in den sich doch immer mehr ähnelnden Hotels rund um den Globus absteigt und dabei den verschiedensten Menschen begegnet.

Die großen Bilder fließen diesmal nicht von der Leinwand, sondern vom Papier. Mag man es nun »Roman« nennen oder nicht - »69 Hotelzimmer« ist zweifellos eine Essenz von Michael Glawoggers Leben, des Lebens eines aufmerksamen, phantasiesprühenden Reisenden...

Bunt und verblödelt, analytisch und anarchisch, voller Weltwissen und voller Großzügigkeit für das Hässliche. Dumme und Missglückte, liebkost es die Details und deutet darin den Abdruck des Ganzen an. Es regt zum Denken an. Es steckt voller Sex, Witz, Liebe, Menschenkenntnis und Genussfreude, voller Erinnerungen und autobiographischer Spuren. Und es beweist, dass einer, der so genau schauen und so tief blicken kann, natürlich auch literarisch erzählen kann. Genau wie seine Filme ist dieses Buch ein echter Glawogger, unverwechselbar und besonders.
Eva Menasse

Buchgestalter: Andreas Töpfer



Peter James Bowman:

Ein Glücksritter.
Die englischen Jahre von Fürst Pückler-Muskau

Aus dem Englischen übersetzt von Astrid Köhler

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 364, 283 S.
OT: The Fortune Hunter. A German Prince in Regency England (2010)

»Eine schillernde Figur, der epochale Landschaftsarchitekt und berühmte Reiseschriftsteller Fürst Hermann von Pückler-Muskau als libertärer Lebemann und Mitgiftjäger im Vereinigten Königreich«

Für seine englischen Jahre 1826 bis 1828 hatte der skandalöse »grüne Fürst« delikat verschwiegene Gründe: Der adlige Besucher aus der Lausitz kam als »fortune hunter« auf Brautschau, um mit einer lukrativen britischen Lady den Konkurs des traumhaften Parkprojekts in Muskau abzuwenden. Zu diesem Zweck hatte er mit seiner Gattin Lucie von Hardenberg die Scheidung ersonnen – sie übernahm die heimische Verwaltung, er schrieb ihr täglich über seine Liebes- und Lebenslagen, seine Tour of a German Prince.



Auf der Grundlage dieser originalen Briefe, der Manuskripte im Pückler-Archiv in Branitz und britischer Quellen erzählt der englische Germanist Peter James Bowman aus den Jahren dieser Heiratsmission und schildert sinnlich-lebendig vorviktorianisches Gesellschaftsleben in der englischen Oberklasse.

Buchgestalter: Wim Westerveld



Paul Theroux:

Basar auf Schienen. Eine Reise um die halbe Welt

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Werner Peterich – bearbeitet von Christian Döring

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 365, 429 S.
OT: The Great Railway Bazar, By Train Through Asia (1975)

»Seit meiner Kindheit … habe ich selten einen Zug vorüberfahren hören, ohne den heißen Wunsch zu verspüren mitzufahren … Eisenbahnzüge sind unwiderstehliche, rollende Basare.
So ein Zug hat an den unheimlichsten Orten noch etwas Beruhigendes … ein Eckplatz genügt, und du bist einer von jenen Reisenden, die ständig unterwegs sind, immer auf Schienen …«

Im Sommer 1973 bricht Paul Theroux auf: Mit dem »Orient-Express« beginnt er die europäisch-asiatische Rundreise über die Türkei; Züge mit berühmten Namen bringen ihn quer durch den Iran, Afghanistan, Pakistan, Indien, Malaysia, Japan und mit der »Transsibirischen Eisenbahn« nach Monaten zurück nach London.

Getrieben von seiner Leidenschaft fürs Zugfahren, lebt Paul Theroux in den Schlaf- und Speisewagen, in der »harten« und »weichen« Klasse der Eisenbahnen, in denen er in die entlegensten Orte Südostasiens reist.

Es ist ein rollender Basar auf Schienen, dem Paul Theroux in vielen Zügen, in Schlafwagen oder Restaurants, begegnet – erzählt in dem für ihn typischen lakonischen Witz, in einer Mischung aus unbändiger Neugier, Gelassenheit und Melancholie. Und der Reisechronist macht seine aufregendsten Entdeckungen nicht auf Expeditionen ins Landesinnere, sondern bei seinen Reisegenossen – in köstlichen Gesprächen.

Wir entdecken heute bei der Lektüre von Paul Therouxs Reisen eine exotische Fremde und bemerken, was wir seitdem alles verloren haben.

Buchgestalter: Kurt Dornig



Jochen Hörisch: Weibes Wonne und Wert

Richard Wagners Theorie-Theater

Mit musikanalytischen Erläuterungen von Klaus Arp

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 366, 501 S.

So haben wir Richard Wagner noch nie gehört und gelesen – ein anderer Richard Wagner wird sichtbar: sein Theorie-Theater:

Richard Wagners »Gesamtkunstwerk« ist der Ort von weitausholenden und leitmotivisch verbundenen Theorien über Liebe und Tod, Werte und letzte Gründe, Geheimnisse und Rätsel, Unsagbares und Offenbares.

Übersehen wird dabei ein anderer Richard Wagner: der von Theorie- und Musiklust Getriebene, dessen Musikdramen immer auch wundersame Erkenntnisdramen sind – mit Einsichten, die in wonnevoller Opernlust aufgehoben sind. Diesen Richard Wagner macht Jochen Hörisch sichtbar, selbst ein brillanter Theoretiker der Literatur und der modernen Medien. Er bereitet uns ein anregendes Lesevergnügen (mit anschließendem Hörvergnügen auf dem E-book) auf dem Terrain zwischen Literatur, Philosophie und Kunst.

Richard Wagners zündende Grundidee, die Jochen Hörisch in erhellenden Werkinterpretationen entwickelt, könnte kaum origineller klingen: Richard Wagner macht die Oper, die verrückteste und exzentrischste aller Künste, zum Schauplatz einer in der Moderne dreieinigen Konstellation aus Erotik, Theologie und Ökonomie, die sich nur musikdramatisch erschließen lässt – gibt es doch eine musisch-instrumentale Sphäre der Bedeutsamkeit, die aller sprachlichen Sinnsphäre, in der sich Wagners Libretti und ihre vokalen Elemente bewegen, vorausgeht.

Zusammen mit den musikanalytischen Erläuterungen und Notenbeispielen des Dirigenten und Komponisten Klaus Arp entfacht Jochen Hörisch in origineller Weise Lust auf Richard Wagners Opern.

Buchgestalterin: Manja Hellpap (Umschlag: F. Forssman, C. Feyll)



Michail Ossorgin: Eine Strasse in Moskau

Aus dem Russischen übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Ursula Keller

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 367, 519 S.
OT: Siwzew Wrashek (1928)

»Eine Entdeckung: ein Roman aus dem Jahr 1928, erschienen in der Pariser Emigration und nun neu aus dem Russischen übertragen.
Eine Straße in Moskau ist ein Zeitroman und die literarische Chronik eines nahezu vergessenen großen Stilisten in der Tradition der russischen Klassiker.«

Michail Ossorgin, der bereits 1922 auf Lenins Befehl hin die Sowjetunion verlassen musste, brachte es mit Eine Straße in Moskau sofort zu internationaler Berühmtheit.

Die kleine Straße im Zentrum von Moskau heißt Siwzew Wrashek: Hier setzt im Frühjahr 1914 Michail Ossorgins erster Roman ein und endet im Frühlings­erwachen des Jahres 1920 – Weltkrieg, Revolution und der Kampf zwischen den Bolschewiki und ihren Gegnern sind auch durch diese Straße gegangen und haben ihre Bewohner im Sog der Ereignisse zu anderen Menschen gemacht.

Wie durch ein Brennglas werden die epochalen Ereignisse im Mikrokosmos eines Professorenhaushalts um den betagten Ornithologen Iwan Alexandrowitsch, seine Enkelin Tanjuscha und ihre Freunde und Bekannten betrachtet und meisterhaft zu einem Mosaik aus Bildern und Szenen montiert: ein Film in Prosa, en dramatisches Personal, unvergessliche Szenen, realistisch direkt oder symbolisch-parabelhaft überhöht.

Im November 2016 erschien in der Anderen Bibliothek Zeugen der Zeit (Band 382) mit den beiden Romanen Zeuge der Geschichte und Buch vom Ende, die dem Revolutionsgeschehen von 1917 aus Eine Straße in Moskau voraus gehen.

Buchgestalterin: Iris Farnschläder



Rebecca Messbarger:

Signora Anna, Anatomin der Aufklärung

Eine Kulturgeschichte aus Bologna

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Klaus Binder und Bernd Leineweber

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 368, 333 S.
OT: The Lady Anatomist. The Life and Work of Anna Morandi Manzolini (2010)

Das Atelier der Anatomie von Anna Morandi im italienischen Bologna wurde ab 1746 zum Zentrum einer glanzvollen und europaweiten Karriere; die berühmte Anatomin wurde umworben von Zarin Katharina der Großen und vom österreichischen Kaiser Joseph II., selbst Voltaire korrespondierte mit ihr. Vor allem: Papst Benedikt XIV. gestattete ihr Vorlesungen in der Akademie von Bologna und unterstützte sie schließlich mit einem Gehalt auf Lebenszeit.

Anna Morandi, Anatomin und virtuose Gestalterin kunstvoller Wachsmodelle des menschlichen Körpers, wurde vor gut dreihundert Jahren (1714) im italienischen Bologna geboren. Sie schrieb ein Stück vergessener, unbekannter oder bisher unvollständig überlieferter Medizinhistorie. Erstmals wird nun die Lebensgeschichte dieser Wissenschaftlerin, Handwerkerin und Künstlerin vorgestellt – als anschaulich und detailreich erzählte Kulturgeschichte, eingebettet in die italienisch-europäische Aufklärung.

Diese Meisterin in der Kunst des richtigen Schnitts wagte sich in eine Domäne der Männer: die Sektion, das Präparieren von Organen und die Wachsmodellage galten als männliches Privileg. Die Rolle von Anna Morandi wurde in der Medizingeschichte bisher nie wirklich ausgeleuchtet.

Auf der Grundlage bisher unveröffentlichter Dokumente, darunter die Briefe, Notizbücher und ihr Archiv anatomischer und medizinischer Texte, erforscht Rebecca Messbarger nun erstmals Leben und Nachleben von Anna Morandi.

Buchgestalter: Susanna Dulkinys und Erik Spiekermann



Selma Lagerlöf: Die Saga von Gösta Berling

Aus dem Schwedischen von Paul Berf und mit einem Nachwort von Thomas Steinfeld

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 369, 524 S.
OT: Gösta Berlings saga (1891)

Diese »Saga« ist einer der bedeutendsten Romane der schwedischen Literatur und das erste, 1891 erschienene Werk der späteren Literatur­nobel­preisträgerin Selma Lagerlöf. Es ist an der Zeit, dieses große romantische und märchenhafte Erzählpanorama neu zu entdecken, das ungewöhnlich reich ist an virtuos verwobenen Episoden und schillernden Figuren.

Die Saga von Gösta Berling stand immer im Schatten der Popularität von Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden, Selma Lagerlöfs berühmtes Buch, das die »Andere Bibliothek« erstmals vollständig und kongenial neu übersetzt im Jahr 2014 vorgestellt hat.

Gösta Berling ist Pfarrer, Trinker, rebellischer Abenteurer, Don Juan und philosophierender Taugenichts, der zusammen mit verarmten Adeligen und ehemaligen Offizieren auf dem Herrenhof Ekeby in der mittelschwedischen Provinz Ende des 19. Jahrhunderts einen faustischen Pakt lebt. Es sind allesamt Lebenswanderer, auf der Suche nach Heimat und Heimkehr.

Mit Die Saga von Gösta Berling führte Selma Lagerlöf die schwedische Literatur in die Moderne.

Buchgestalterin: Manja Hellpap



Ilija Trojanow, Susann Urban: Durch Welt und Wiese oder Reisen zu Fuß

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 370, 344 S.

»Erkundungen zu Fuß verändern das eigene Leben – gelegentlich sind sie von magischer Kraft

Mit dem Gehen ist es wie mit dem Schreiben, fast jeder kann es.
Und trotzdem ist es eine Kunst, eine Lebensform, eine Haltung.

Ilija Trojanow zählt zu den großen Reisenden und weiß sich in Übereinstimmung mit vielen berühmten Autoren in Gegenwart und Vergangenheit. Gehen ist Daseinsform und Erkenntnisweg, Rebellion und Vergewisserung der eigenen Existenz in der Bewegung – über Stock und Stein, durch Welt und Wiese.

Mit Ilija Trojanow machen wir uns fußwärts auf den Weg, spazierend, gehend und wandernd lernen wir in sechs Etappen eine andere Art der Welterkundung in den Blicken berühmter Autoren kennen:
Aufbrüche – Betrachtungen – Meditationen – Spaziergänge – Entbehrungen – Verwandlungen.

Essayistisch-reportagehaft berichtet er von eigenen langen Wanderungen: durch Tansania, vom Indischen Ozean bis zum Tanganyikasee; vom Unterwegssein in Los Angeles oder über seine Märsche durch die englischen Downs. Diese Erfahrungen verschmelzen im Gesprächsaustausch mit »Gurus« wie etwa Henry David Thoreau oder mit markanten Gestalten wie Pilgerern, Abenteurern, Mönchen, Soldaten, Entdeckern oder Schwärmern und mit vielen Texten u.a. von Matsuo Basho – bis Robert Walser und Virginia Woolf.

»Der Geher sieht mit anderen Augen. Gibt es ein schöneres Wort als Gedankenschritte?«

Buchgestalterin: Katja von Ruville und Katja Holst



Ilja Ilf und Jewgeni Petrow:
Kolokolamsk und andere unglaubliche Geschichten

Aus dem Russischen von Helmut Ettinger

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 371, 331 S.

Das Autorenduo Ilja Ilf und Jewgeni Petrow aus Odessa ist dem Wahnwitz des Sowjetreichs mit Ironie und Satire begegnet. Ihre Erzählungen liegen nun erstmals übersetzt vor.

Der Vorrat an Geschichten und Erzählungen des russischen Autorenduos Ilja Ilf und Jewgeni Petrow scheint unerschöpflich. Vor dem Erscheinen ihres Klassikers Das goldene Kalb (1931–1933), veröffentlichten sie mehrere Sammlungen, in denen immer die sowjetische Alltagswelt während des ersten Fünfjahresplans sichtbar wird: Kolokolamsk und andere unglaubliche Geschichten, Eine Lichtgestalt und 1001 Tag oder die neue Scheherezade.

Groteske Possen aus der Provinz, bevölkert mit komischen Figuren und verkrachten Existenzen, betrügerischen Bürokraten und ganovenhaften Kleinbürgern. Diesem sowjetischen Universum begegnen »Ilf und Petrow« mit parodierender Ironie, subversivem Sprachwitz und liebevoll böser Komik. Ihre Bücher wurden populärer »Kult«.

Ilja Ilf (1897-1937) und Jewgeni Petrow (1903-1942) [oder Il'ja Arnol'dovič Il'f und Evgenij Petrovič Petrov] arbeiteten in den zwanziger Jahren zusammen mit Michail Bulgakow und Juri Olescha für satirische Zeitungen. Mit den beiden Romanen Zwölf Stühle (1928) und Das Goldene Kalb (1931, in der Anderen Bibliothek 2013 als Band 340), wurden sie zu den meistgelesenen Autoren ihrer Zeit in der Sowjetunion…

In der Anderen Bibliothek erschien bereits 2011 »Das eingeschossige Amerika« (AB 320/321), ihre literarische Tour durch die Vereinigten Staaten in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, die unvergessen ist.

Buchgestalter: Drushba Pankow und Stefan Stefanescu



Lafcadio Hearn: Japans Geister

Aus dem Englischen von Berta Franzos, ausgewählt von Christian Döring, mit Holzschnitten von Franziska Neubert und einem Nachwort von Christoph Neidhart

AB – Die Andere Bibliothek 2015, AB 372, 411 S.

»Erstrebenswertes Ziel würde es sein, in der Seele des Lesers einen lebendigen Eindruck des Lebens in Japan zu schaffen.«

Lafcadio Hearns einfühlsame Auseinandersetzung mit Religion und Kultur, seine präzisen Reise­schilderungen, seine Erzählungen und poetischen Skizzen erschließen für uns eine fremde Kultur, die Geheimnisse des »alten« und verschwundenen Japan.

Lafcadio Hearns Leben liest sich wie ein Buch: 1850 auf der griechischen Insel Lefkas geboren, als Sohn einer Griechin und eines britischen Militärarztes, wurde er jung zum Nomaden zwischen den Kulturen. Als mittelloser 19-Jähriger erreichte er New York, lebte in Cincinnati, schließlich in New Orleans und auf Martinique. Als Journalist kam er 1890 nach Japan, wurde Lehrer, heiratete in eine alte Samurai-Familie ein - und nannte sich in seiner neuen Wahlheimat Yakum Koizumi.

Noch in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts stieß sein Werk auch in Deutsch­land auf enorme Resonanz. Hugo von Hofmannsthal und Stefan Zweig schrieben enthusiastische Vorworte zu seinen vielen Büchern. Diese erste große Auswahl aus seinem Werk erinnert an einen Vergessenen, der das westliche Japanbild des frühen 20. Jahrhunderts prägte.

Buchgestalterin: Franziska Neubert


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© Ralf 2015