Potsdamer Pomologische Geschichten

  •  Kirschen für den König (2001)
  •  Äpfel fürs Volk (2002)
  •  Die Melonen der Monarchen (2003)
  •  Beste Birnen bei Hofe (2004)
  •  Bittere und süße Orangen (2005)
  •  Maulbeeren - Zwischen Glaube und Hoffnung (2006)
  •  Erdbeeren für Prinzessinnen (2008)

herausgegeben von Marina Heilmeyer, alle erschienen im Vacat Verlag, Potsdam


Über Obst habe ich mir bisher keine große Gedanken gemacht, außer daß ich es gerne zwischendurch oder als Nachtisch esse und es gesund ist. Das ändert sich nun, da ich auf die Bücher des Potsdamer Vacat-Verlags gestoßen bin. Dieser hat bisher 6 Bücher über verschiedene Früchte herausgebracht (Äpfel, Birnen, Melonen, Kirschen, Orangen, Maulbeeren), die mit Liebe zum Detail gestaltet sind.

Die Bücher im Format 142x185 mm sind wunderbare Beispiele dafür, wie schön Bücher sein können. Alles stimmt bei den Bändchen: äußerlich sehr schön gestaltet, rundum mit einem Farbschnitt in angenehmen Naturtönen versehen, passend zur Frucht und natürlich fadengebunden. Historische Zeichnungen, Illustrationen oder Fotos machen sowohl das Durchblättern als auch das Lesen zu einem Vergnügen.

Jedes Bändchen berichtet von der Kulturgeschichte der Früchte, wie sie nach Deutschland oder nach Brandenburg gekommen sind, von ihrem Anbau, ihrer Verbreitung, es sind Rezepte zum Ausprobieren dabei, ihre Bedeutung in Kunst, Literatur oder Wirtschaft und dazwischen viele Anekdoten. Sie befriedigen also vielerlei Interessen, ob es sich nun um Gartenbau handelt oder um Kultur, Geschichte oder Küche.


Für alle Bücher gilt natürlich auch, daß sie historische Zusammenhänge zu den Königen aus Preußen herstellen, natürlich auch zu Sanssouci bzw. allg. zu Berlin-Brandenburg, da die Autoren hier leben und arbeiten. Ich hatte mir bisher nicht allzu große Gedanken gemacht, wenn ich im Park spazieren ging, das wird nun natürlich ganz anders sein, immer in Gedanken an Obstgärten...

Als ich die ersten Bändchen in Händen hielt war ich auf Anhieb so begeistert, daß ich nicht anders konnte, mir die anderen auch noch rasch zu besorgen...

Ich bin also gespannt, welche Frucht als nächstes vorgestellt wird, es gibt ja noch Pflaumen, Pfirsiche, Erdbeeren und so viel mehr.




Beste Birnen bei Hofe

mit Beiträgen von Lutz Grope, Gerd Schurig und Clemens Alexander Wimmer
Vacat-Verlag 2004, 104 S.

»Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit
«

Ich hätte nicht gedacht, daß Birnbäume manchmal über 200 Jahre alt werden können. Der berühmteste in Deutschland dürfte wohl der Birnbaum des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland sein. Dieser Baum, von dem Fontane 1889 schrieb, steht heute nicht mehr, aber es wurde ein anderer gepflanzt und immer wieder ersetzt. Von solchen und vielen anderen Geschichten liest man in dem Bändchen über Birnen.

Schon im 16. Jahrhundert wurde über die große Bedeutung der Birnen in Frankreich geschrieben und es hat mich doch überrascht, daß es damals schon hunderte von Sorten gab. Olivier de Serres schreibt 1600:

»In Hinsicht besonders auf ihre verschiedenen Formen, Größen, Farben, Geschmack und Duft der Birnen, welche die vielfache Weisheit des Schöpfers preisten, sieht man runde, lange, gerippte, spitze, stumpfe, kleine, mittlere, große, Gold, Silber, Zinnober, grüne Seide leuchtet aus den Birnen. Zucker, Honig, Zimt, Nelken sind hier zu kosten, Moschus und Amber sind hier zu spüren.«

Welch unglaubliche Vielfalt die Birne doch bieten kann...

Die Franzosen vervollkommneten dann die Kultur der Birnen in neuen Anbauformen wie Spalier- und Zwergbaum; Ludwig XIV erklärte den Obstbau zu einer höfischen Aufgabe und in Versailles gehörte die Birne zu den wichtigsten Früchten. Bald war der Formobstbau und die ganzjährige Versorgung mit Tafelobst ein Anliegen der europäischen Höfe. So fehlten natürlich auch auf den Terassen von Sanssouci die Birnen nicht. Ausführlich wird auf den Formobstbau eingegangen, erstaunlich, was die Gärtner alles hervorbrachten, wie Bäume damals in Form gezwungen wurden - so heute undenkbar, zumindest für mich.

Schön wird das Buch durch viele historische Abbildungen, Zeichnungen oder Fotos, die einen Eindruck vom Obstbau vermitteln. Ich werde beim nächsten Besuch in Sanssouci bestimmt mit anderen Augen durch die Gärten gehen.

Ein kleines Buch also, das alle Sinne anspricht, nicht nur die optischen oder haptischen: Appetit bekommt man natürlich auch, wenn man von Birnen liest mit butter­artigem Fleisch, zart und delikat, mit einem süßen, wohl­schmeckenden Saft und vor allem Aroma...




Die Melonen der Monarchen

mit Beiträgen von Gerd Schurig und Clemens Alexander Wimmer
Vacat-Verlag 2003, 104 S.

»Wer je eine Melone gegessen hat, der weiß, wovon Engel sich ernähren«

Ist das nicht ein wunderbares Bild? Wie gern würde ich unter dieser Pergola bei strahlender Sonne umhergehen... Schon in der Bibel findet sich der Bericht von Jona unter der Kürbislaube. Nicht nur Friedrich II. hat dies in Sanssouci angeregt, Friedrich Wilhelm IV. lies die abgebildete Pergola im Paradies­gärtlein mit empor­rankenden Melonen bepflanzen, die einen Eindruck von üppiger Vegetation vermitteln und ein Gefühl von Frieden und Glückseligkeit. Melonen, ebenso wie die nahen Verwandten, Kürbisse und Gurken, zeichnen sich durch üppiges und rasches Wachstum und reiche Saftfülle ihrer Früchte aus, sind also durchaus geeignet, etwas zuwuchern zu lassen.

Wie lecker Melonen sind, berichtet 1721 Marco Polo:
»Kein Europäer kann sich einen Begriff machen von dem süßen Wohlgeschmack dieser köstlichen Früchte. Sie schmelzen im Munde und mit Brot sind sie die lieblichste und erquicklichste Speise, der Natur.«

Wie besonders sie waren, läßt sich auch daraus abschätzen, daß Friedrich II. sich den Luxus erlaubte, Melonen aus Spanien kommen zu lassen, wenn schwache Sonnenwärme in Brandenburg nicht ausreichte, die Melonen in Glashäusern und unter ihren Hauben reifen zu lassen. Übrigens gehört die Wassermelone eigentlich gar nicht zu den Melonen, sondern zu einer anderen Gattung. Ihre Samen sind über das ganze Fruchtfleisch verteilt, während sie bei der Melone in der zentralen Höhlung konzentriert sind.

Melonen gehörten im 16. Jh. zu den teuren Luxusgütern und kostbaren Delikatessen, denn der Anbau galt als das Meisterstück des Gärtners. Ein großes Problem war die Kälte. Schon die Samen zu ziehen, erforderte Wärme: Mistbeete waren nützlich. Für die Pflanze bot Glas einen Ausweg, das Ende des 16 Jh. im Gartenbau zunehmend Verwendung fand. Glasglocken konnte man einfach über jede Melone legen. Daneben gab es auch bleiverglaste Scheiben, im Grunde Minigewächshäuser, die leichter zu reparieren waren und Schutz vor der Kälte boten. Und was am Anfang kleine Glasanfertigungen waren, entwickelte sich zu richtigen Gewächshäusern, die später sogar beheizt werden konnten. Eine Kunst blieb der Anbau der Melonen trotzdem - in der Nacht vor der Kälte schützen, tagsüber vor zu großer Sonneneinstrahlung beschatten, nicht zu sehr wässern usw.

»Melonen sind der höchste Luxus dieser Welt«

Traurig ist die Tatsache, daß heute Melonen oder allgemein Obst und Gemüse vom Ort der Ernte weite Wege zurücklegen muß, um zum Verbraucher zu gelangen. Ich frage mich, ob ich überhaupt das im Barock viel gepriesene exquiste Aroma von Melonen kenne, wenn ich nur im Supermarkt einkaufe. Zwischen Ernte und Verzehr sollten eben nicht mehr als 2-3 Tage liegen. Zum Trost muß man sagen, daß ich heute eben nicht König oder Fürst sein muß, um exotische Genüsse zu kosten...

Auch dieses Bändchen ist geschmückt mit vielen schönen Abbildungen, ist in vielen Details liebevoll gestaltet, selbst der Schnitt hat die grünliche Farbe von Melonen. Ich freue mich auf das nächste Buch der Reihe.

© Ralf 2008