Patrick Rothfuss: Der Name des Windes.
Die Königsmörder-Chronik

Erster Tag

Klett-Cotta 2008, 864 S.
(OT The Name of the Wind.
The Kingkiller Chronicle: Day One, 2007)
Aus dem Englischen von Jochen Schwarzer

»Das Wirtshaus gehörte ihm, wie ihm auch die dritte Stille gehörte. Und das war nur recht und billig so, denn sie war die größte der dreifachen Stille und schloss die anderen ein. Sie war so tief und so weit wie der Spätherbst. Sie wog so schwer wie ein großer, vom Fluß glatt geschliffener Stein. Es war der geduldige, blumensichelnde Laut eines Mannes, der darauf wartet zu sterben.«

Mit diesem Absatz beginnt und endet Patrick Rothfuss Fantasy-Roman »Der Name des Windes«. Es geht um Kvothe, der sich von der Welt zurückgezogen hat um unentdeckt in aller Stille ein ruhiges Wirtshaus zu betreiben. Alle Energie ist aus ihm gewichen um nur noch Gastwirt zu sein und tatsächlich, so erfährt man im ersten Kapitel (und sollte man es überlesen haben, spätestens dann am Ende) dämmert er vor sich hin und scheint auf den Tod zu warten. Warum das so ist, wird allerdings Inhalt des zweiten Tages bzw. des zweiten Bandes der Fantasy-Trilogie sein. In diesem Band er zählt er, der sich nun Kote nennt, einem Chronisten seine Lebensgeschichte bzw. seine Jugend und Entwicklung zum wohl größten Arkanisten, sprich Magier, aller Zeiten. Drei Tage braucht diese Erzählung, in diesem Band also der erste Tag, die Jugend und Zeit an der Universität.

Doch von vorne. Kvothe ist Sohn fahrender Spielleute. Er lernt von Kindesbeinen an von seiner Familie das Leben auf der Straße, Menschen einzuschätzen, zu Schauspielern und vor allem die Liebe zur Musik, zur Laute. Eine Zeit lang hatte er als Lehrmeister auch einen Arkanisten, von dem er nicht nur ungeheuer viel Wissen lernte, sondern auch Ahnung um die Geheimnisse seiner Welt bekam und das erste magische Wissen. Als er einmal Zeuge wird, wie sein Lehrer den Namen des Windes rief, um in zu beherrschen und sich zu Nutze zu machen, reift sein Entschluß, selbst Arkanist zu werden und an der Universität zu studieren. Kvothe ist mehr als begabt, er brilliert geradezu auf allen Bereichen und ist von überragender Intelligenz. Doch ein Unglück führt dazu, daß er alles verliert, seine Familie ermordet wird und er sich allein, immer kurz vor dem Hungertod, durchschlagen muß. Er verdrängt die Katastrophe, vegetiert mehr als daß er lebt und "trauert" drei Jahre, ehe er wieder zu sich kommt und das Unglaubliche schafft, als völlig mittelloser und jüngster Student an der Universität angenommen zu werden.

Hier wird er in vielen magischen Disziplinen ausgebildet, hat schnell Freunde und Feinde sowohl unter den Lehrern, als auch seinen Mitstudenten. Immer wieder erstaunt er wegen seiner schnellen Auffassungsgabe, seiner einzigartigen Fähigkeiten. Allerdings macht ihn das gelegentlich auch arrogant und großspurig, was nicht nur von Vorteil für ihn ist. Trotzdem, man fühlt, leidet und freut sich mit ihm, denn er zeigt eben auch Schwächen und Gefühle, er ist ein sympathischer Held. So ist er völlig hilflos und ausgeliefert, als er sich in Denna verliebt und er keine Ahnung hat, wie er sich verhalten soll. Wer diese Denna denn nun ist, was sie durchgemacht hat und antreibt, ist Stoff für das nächste Buch. Besonders gefühlvoll wird es dann, wenn er seine ganze Leidenschaft in der Musik ausleben kann und Großes damit leistet.
Ein Buch also, in dem es diverse Abenteuer zu bestehen gilt, immer wieder muß er Geld beschaffen, hat Erfolge und Niederlagen, es geht um Verlust und Verrat, Dämonen, Magie und Liebe.

Der ganz große Rahmen im Buch ist jedoch die Aufklärung des Rätsels, wer wohl Kvothes Familie umgebracht hat. Da spielt die Geschichte längst vergangener Zeiten seiner Welt eine große Rolle, Mythen, von den kaum noch jemand weiß, woher sie kommen. Waren es die Chandrian? Doch wer oder was sind sie? Patrick Rothfuss hat also noch viel Stoff für weitere Bücher, viele Fragen bleiben noch offen.

Spannend geschrieben, immer wieder auf einen Gipfel zusteuernd, zwischendurch amüsant und gefühlvoll - ich freue mich auf weitere Abenteuer...

© Ralf 2009