Matt Ruff: Ich und die anderen

Hanser 2003, 600 S.
OT Set this house in order. A Romance of souls 2003
Aus dem Amerikanischen von Giovanni und Ditte Bandini

Matt Ruff nimmt als Grundlage für den Roman "Ich und die anderen" das Problem der Multiplen Persönlichkeitstörung oder meinetwegen dissoziative Identitätsstörung. Andrew hat auf Grund von traumatischen Erlebnissen in der Kindheit, die einfach zu schlimm waren um verarbeitet zu werden, immer wieder Gefühle oder schreckliche Erlebnisse als Selbstschutz abgespalten und so diverse Persönlichkeiten entwickelt. Ruff macht daraus eigenständige, unabhängige Persönlichkeiten, die entweder in Andrews Kopf "schlummern" oder immer mal wieder den Körper übernehmen, Andrew selbst geht dann in den Hintergrund - er hat seine Methode gefunden, damit umzugehen. Vielleicht jetzt nicht ganz leicht zu verstehen, aber beim Lesen kommt man sehr schnell dahinter und es ist die ersten 200 Seiten spannend und manchmal auch witzig zu verfolgen, wie dies umgesetzt wird. Er hat sich in seinem Kopf ein "Haus" gebaut, alle kommen zu seinem Recht und er kann damit leben.

Anders Penny mit der gleichen Krankheit, die allerdings davon keine so rechte Ahnung hat, sondern ein chaotisches Leben führt und wegen der Übernahme (mal nur Minuten, mal Tage/Wochen) anderer "Seelen" od. Persönlichkeiten immer wieder Blackouts erlebt. Sei es nun, daß sie den Job verloren hat, plötzlich im Bett eines Fremden aufwacht oder sogar plötzlich feststellen muß, daß sie woanders eine Wohnung hat.

Die beiden lernen sich kennen und am Ende wird es eine Reise durch das Land zur Quelle des Problems von Andrew, seine Kindheit und es entwickelt sich fast zu einem Krimi.

Auch wenn über die Begrifflichkeiten dieser Krankheit scheinbar etwas gestritten wird, ob's das nun gibt oder nicht oder anders, und Ruff treibts hier wohl auf die Spitze, es stört mich nicht (es ist schließlich ein Roman), sondern es hat großen Spaß gemacht das Buch zu lesen, zu sehen wie es ist, wenn man viele ist. Auch wenn ich mir nach der Hälfte eine Wende gewünscht hätte oder zusätzliche Aspekte (vielleicht 100 Seiten weniger, irgendwann weiß man eben, was in den beiden vorgeht) ist es überwiegend spannend und immer wieder entstehen witzige Situationen...

Der deutsche Titel paßt zum Inhalt, aber schöner noch ist der Orginaltitel: "Set This House in Order. A Romance of Souls" - wenn es nur nicht immer so viel länger dauern würde, in einer anderen Sprache zu lesen ;-)

Das Buch ist ganz anders als "Fool on the Hill", aber es ist für mich immer ein gutes Zeichen, wenn ich Wochen später noch weiß was alles passiert ist.

...und deshalb möchte ich es nicht missen und empfehle es gerne weiter, ein tolles Buch.

23.05.2005

© Ralf 2006