Eric-Emmanuel Schmitt: Enigma

Hörspiel-CD erschienen 2001 mit Jürgen Hentsch und Winfried Glatzeder (2004)
06.03.2006

Der vermeintlich Journalist Erik Larsen interviewt den Literaturnobelpreisträger Abel Znorko, der abgeschieden von der Welt auf einer Insel lebt und normalerweise Interviews ablehnt. Er wird rauh empfangen, doch schon bald entspinnt sich das Gespräch über den letzten Roman, eine zarte Liebesgeschichte als Briefroman.

Nach und nach entspinnt sich eine heftige Diskussion über den Roman und die Liebe, Larsen stellt immer wieder Fragen zu autobiographischen Bezügen des Romans und läßt sich durch Abweisungen Znorkos nicht aufhalten. Es zeigt sich, daß die Briefe und die Liebesgeschichte einen durchaus realen Hintergrund hatten. Vor Jahren hatte Znorko ein Verhältnis mit einer jungen Frau, sich dann aber getrennt, damit sich die Liebe nicht abnutzt und nur durch Briefe sollte sie aufrechterhalten werden, die Leidenschaft gedanklich weitergeführt werden. Doch irgendwann dann hörten die Briefe auf.

Larsen ist in Wirklichkeit gar kein Journalist, sondern er entpuppt sich als der Mann, der Helene, die von Znorko so sehr geliebte Frau, später geheiratet hat. Die Gründe, daß keine Briefe mehr von Helene geschrieben wurden, kennt Larsen sehr genau und langsam offenbart er Znorko die Hintergründe. War am Anfang des Streitgesprächs noch Znorko die dominante Figur, tritt mehr und mehr Larsen in den Vordergrund durch seine Offenbarung der tatsächlichen Geschehnisse, von denen Znorko keine Ahnung haben konnte.

Thema ist die Frage, wen liebt man eigentlich, wie gut kennt man den geliebten Menschen, ist es die Person, die man liebt, oder die Leidenschaft, die man von ihm empfängt.

Mich hat das Hörspiel schnell gefangen genommen, es ist ein kammerspielartiges Rededuell, in dem sich langsam die Wahrheit offenbart und die Dramatik der Wendungen gefangen nimmt. Ein Hörgenuß...

© Ralf 2006