John Updike: Landleben

Rowohlt 2006, 414 S.
(OT Villages, 2004)
Deutsch von Susanne Höbel und Helmut Frielinghaus

Ein alter Mann wacht morgens auf und erinnert sich. Owen Mackenzie, ein Computeringenieur der ersten Generation, der mit einem Partner eine kleine Software-Firma gegründet und rechtzeitig an Apple verkauft hat. Seither hat er keine Geldsorgen mehr. Der Unruhestand seiner 70 Jahre läßt uns teilnehmen an seiner erotischen Biographie. Sie beginnt mit einem dem Knaben unverständlichen Graffito an der Wand der Schule, mit Blicken in den Umkleideraum der Mädchen, der merkwürdigen Reaktion der Mutter, als er bei einem Sonntagsspaziergang ein Kondom findet.

Dann: Petting der Teenager in Vaters Auto, Studium am MIT, Verliebtsein, frühe Heirat mit Kommilitonin Phyllis, die Hochzeitsnacht, Kinder, Seitensprünge - ernsthafte und beiläufige-, Geliebte, Scheidung, neue Ehe mit Julia, der Geschiedenen des Geistlichen. Jetzt, nach 25 Jahren, rumort sie morgens in der Küche, es riecht nach Kaffee.

Owen hat sein ganzes Leben in kleinen Orten verbracht; Updike porträtiert dieses Middle America, die Mittelschicht in einer Kleinstadt mit den fröhlich auf Männerjagd gehenden Fayes, Karens, Vanessas, Antoinettes...

Es scheint für Owen in seinem Leben zwei wichtige Dinge gegeben zu haben: seine Arbeit und die Frauen. Dabei scheint er selbst derjenige zu sein, der unsicher ist und - da er nichts anderes hat - sind es die Frauen, die ihn lieben und erlösen sollen. Affären beginnen, sie enden und es bleibt die ewige Suche nach Frauen. So ist der Roman die Geschichte eines Mannes und ein Porträt des Lebens in der Kleinstadt, wobei die Stationen seines Lebens eben immer wieder irgendwelche Frauen und der zugehörige Sex sind. Dabei ist er lange mit Phyllis verheiratet, wobei ich gerne mehr von Phyllis erfahren hätte und auch, was in Owen tatsächlich vorging. Es ist mir dann doch zuwenig, die sexuellen Spielereien und Seitensprünge, irgendwann wird es langweilig. Das letzte Kapitel zeigt etwas, daß das möglich gewesen wäre und der Roman hätte mehr davon durchzogen sein können, aber so ganz allein am Ende schien es mir nicht zu passen. Ich hätte mir für Owen nicht erst im Alter, sondern schon in der Mitte seines Lebens etwas mehr "Weisheit" und das Erzählen davon gewünscht. So war es zwar etwas flach, aber durchaus lesbar...

© Ralf 2006